Vorschläge für Straßennamen

Erstellt am 25. Juni 2020

Wir veröffentlichen hier einen Brief der ErinnerungsWerkstatt an die Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg mit Anregungen zur Benennung von Straßen:

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Weber,
sehr geehrter Herr Merkle, Herr Matzke und Herr Bellaire!

Nach dem Beschluss des Augsburger Stadtrats, für die Langemarckstraße und die Dr. Mackstraße neue Benennungen zu finden, sind in der ErinnerungsWerkstatt mehrere Vorschläge eingegangen und diskutiert worden, die wir Ihnen hiermit weitergeben möchten.

Es handelt sich um die folgenden Vorschläge:

Wolfgang Bernheim (1923 - 1942). Der Urenkel des Firmengründers Isak Bernheim besuchte das Gymnasium bei St. Stephan. Er floh nach 1938 in die Niederlande und trat in das Benediktinerkloster in Vaals ein. 1942 wurde er von dort nach Sakrau bei Auschwitz deportiert. Er hat ein ähnliches Schicksal wie Edith Stein.

Berta Gallinger (1902-2001), in zweiter Ehe verheiratete Schehak. Die Geschäftsfrau half in der NS-Zeit verfolgten Augsburger Juden, versorgte sie in den Ghetto-Häusern mit Lebensmitteln und versteckte zwei von ihnen.

Rabbiner Dr. Ernst Jacob (1899 Göttingen –1974 Pittsburgh/USA), letzter Vorkriegsrabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Augsburg (1929-1938), von November 1938 bis Januar 1939 im KZ Dachau.

Hedwig Lachmann (geboren 1865), Dichterin und Übersetzerin (und Ehefrau von Gustav Landauer) starb 1918 in Krumbach, hat in Augsburg ihr Examen als Sprachlehrerin absolviert.

Fritz Landauer (1883 Augsburg – 1968 London), Architekt und Möbeldesigner, entwarf und baute zusammen mit Dr. Heinrich Lömpl die Augsburger Synagoge (1912–1917).

Danny Martin (1941 Augsburg -1943 Auschwitz), vermutlich das vorletzte in Augsburg geborene jüdische Kind und eines der jüngsten Deportationsopfer aus Augsburg.

Dr. Leopold Rieser (1880 Ichenhausen - 13.11.1938 KZ Dachau). Jurist, bekannter Strafverteidiger, wegen Beziehung zu einer Nichtjüdin im Stürmer diffamiert, nach den Novemberpogromen 1938 bei der Ankunft im KZ Dachau seinen Misshandlungen erlegen.

Schulmaisterin Sprinz (Esperanza), jüdische Geschäftsfrau, überlebte das Pestpogrom 1348/49 in Augsburg und gehörte zu den Neubegründern der Gemeinde ab 1350.

Hugo Steinfeld (1864 Rinteln – 1941 Augsburg), Mitinhaber von Wimpfheimer & Cie., Textilgroßhandel, Bahnhofstr. 18 1/5, Kommerzienrat (1924), vielfach kommunalpolitisch engagiert, u.a. Laienrichter, Gemeindebevollmächtigter (1909-1917), Stadtrat für die DDP (1920-1924), ging vor der Deportation zusammen mit seiner Frau in den Freitod.

Rabbiner Jakob (ben Juda) Weil (1385 Weil der Stadt – 1456 Erfurt), jüdischer Gelehrter, seit 1413 in Augsburg, Leiter der Talmud-Schule, talmudische Autorität in ganz Aschkenas. Nach der Ausweisung der Juden aus Augsburg 1438 ging er nach Bamberg, später nach Erfurt.

Dr. med. Hans Wienskowitz (1888 Löbau/Sachsen – 1945 Theresienstadt/Tschechien). Der langjähriger Arzt in Dillingen war von 1941-1945 in Augsburg der einzige von den Nazis für Juden zugelassene Arzt, Anfang 1945 nach Theresienstadt deportiert, stirbt er dort kurz nach der Befreiung an Fleckfieber.

Roswitha Winter (1942 Augsburg - 1943 Auschwitz), Kind einer Augsburger Sinti-Familie, jüngstes Deportationsopfer aus Augsburg

Die ErinnerungsWerkstatt möchte mit dieser Vorschlagsliste einen Beitrag zur Diskussion und zur Namensfindung für die beiden Straßen leisten.

Mit freundlichen Grüßen!
Angela Bachmair für den Sprecherrat der ErinnerungsWerkstatt mit Benigna Schönhagen, Monika Müller, Verena von Mutius-Bartholy, Nikolaus Hueck und Michael Bernheim